Perfekte Fotos für Printmedien: Profi-Tipps vom Bildredakteur

Worauf achten Bildredaktionen, wenn sie entscheiden, welche Fotos in die Zeitung kommen? Warum nicht jemanden fragen, der es wissen muss? Haben wir getan und Daniel Biscan, Art-Direktor bei der Main-Post, gebeten, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Aufmerksame Leser unseres Blogs wissen: Gute Bilder sind für die redaktionelle Platzierung eigener Artikel in fremden Medien (Earned Media) mindestens so wichtig wie ein guter Text. Bilderprofi Daniel Biscan muss Woche für Woche Hunderte von Bildern beurteilen und darüber entscheiden, welche davon in die Zeitung kommen – und welche nicht. Erfahren Sie seine Tipps, wenn es darum geht, Verbraucher-Themen ansprechend zu bebildern.

Die zentrale Bedeutung des Bildes

Biscan untermauert den hohen Stellenwert guten Bildmaterials anhand von interessanten Ergebnissen aus Leser-Scan-Untersuchungen. Diese belegen:

  • nahezu 100 % aller Leser schauen auf das Aufmacherfoto der Titelseite und
  • immerhin 70 % aller Leser sehen sich ALLE Bilder in der Zeitung an.

Und Biscan schiebt ein weiteres Argument nach, weshalb Kommunikations-Verantwortliche dem Bild höchste Priorität einräumen sollten: Aufgrund der Fülle an Content, die ein Redakteur täglich bewältigen muss, hat er gar nicht die Zeit, sich all die Texte durchzulesen. Die Beurteilung eines Bildes hingegen dauert nur wenige Sekunden. Folglich schaut der Redakteur als erstes auf das Bild. Und von dessen Qualität wird dann – oft unbewusst – auf die Qualität des zugehörigen Textes geschlossen. Ob diese Schlussfolgerung immer zutreffend ist, steht auf einem anderen Blatt. Fakt ist: so geschieht’s tagtäglich in den Redaktionen.

Bleibt die spannende Frage, was für einen Bildredakteur ein ideales Printbild ist. Grundsätzlich sollte ein gutes Bild sowohl einen inhaltlichen als auch ästhetischen Anspruch erfüllen. Was das laut Daniel Biscan konkret bedeutet, lässt sich in folgenden 10 Grundregeln zusammenfassen:

1. Versuchen Sie, mit Ihrem Bild eine kleine Geschichte zu erzählen

Dadurch wird das Foto spannend. Allerdings Vorsicht: Das Bild muss nicht gleich die gesamte Story erzählen. Im Gegenteil: Es sollte vielmehr den Einstieg herstellen, und somit neugierig machen auf die ganze Geschichte – die man dann im Artikel lesen kann.

Fotos, die kleine Geschichten erzählen, sind für den Betrachter besonders spannend – Foto: unsplash.com/Lukas Budimaier

2. Konzentrieren Sie sich auf eine Kernaussage

Widerstehen Sie der Versuchung, in einem einzigen Bild zu viele Aspekte gleichzeitig erfassen zu wollen. Das erschwert nicht nur Ihre Suche nach dem passenden Printbild, sondern überfordert auch den Betrachter. Letzterer weiß am Schluss gar nicht mehr, auf welche der zahlreichen Bildelemente es wirklich ankommt. Greifen Sie daher lieber einen wesentlichen Aspekt heraus und setzen diesen optimal in Szene. Alles andere erledigt dann die Bildunterschrift und der Artikeltext.

3. Bieten Sie dem Bildredakteur etwas Außergewöhnliches

Angesichts der Fülle an Bildern (und somit leider auch an schlechten Bildern), die ein Bildredakteur täglich zu sehen bekommt, ist er dankbar für jedes Foto mit dem gewissen Extra. Das muss nicht zwingend ein ganz besonderes Motiv sein. Oft reicht auch schon die ungewöhnliche Perspektive (z.B. von ganz unten oder von ganz nah) oder ein überraschender Bildausschnitt, um eine – ansonsten vielleicht eher unspektakuläre – Szene für den Bildredakteur zu einem echten Hingucker zu machen.

Manchmal macht die besondere Perspektive ein Foto zum Hingucker – Foto: unsplash.com/Tim Gouw

4. Authentizität geht vor Ästhetik

Oder anders ausgedrückt: Nicht handwerkliche Perfektion ist ausschlaggebend, sondern der richtige Moment. Im Extremfall kann dies bedeuten, dass ein Bild sogar leichte technische Mängel aufweisen darf (z.B. eine geringe Unschärfe), sofern es dafür den entscheidenden Moment authentisch ablichtet.

5. Bieten Sie ein Fotomotiv möglichst nur einmal an

Eine der größten Sorgen des Bildredakteurs besteht darin, Fotos, ohne es selbst zu bemerken, doppelt zu benutzen. Nichts ist für den Bildredakteur peinlicher als der Anruf eines aufmerksamen Lesers, der entdeckt hat, dass das Foto in der heutigen Zeitungsausgabe vor drei Wochen in anderem Zusammenhang schon einmal verwendet worden ist. Wenn also der Bildredakteur auch nur den Verdacht hat, Ihr Foto bereits genutzt zu haben, stehen die Chancen auf einen Abdruck schlecht.

6. Vorsicht bei Stockfotos

Natürlich kommt man nicht immer um gestellte Bilder aus Bilddatenbanken herum. Das weiß auch der Bildredakteur. Doch gerade dann ist es wichtig, nicht primär das ästhetisch schönste Foto, sondern das Bild mit der höchsten Authentizität anzubieten. D.h. natürliche Menschen in normalen Posen und typischen Alltagssituationen. Aus gleichem Grund sind viele Stockfotos aus amerikanischen Datenbanken mit Vorsicht zu genießen. Sie strotzen nur so vor political correctness und passen zudem oft so gar nicht in die hiesige Lebenswirklichkeit: Sie alle kennen sicherlich diese typischen Büroszenen-Fotos, auf denen „zufälligerweise“ stets lächelnde Kolleginnen und Kollegen mit afro-amerikanischer, asiatischer und europäischer Abstammung abgelichtet sind.

Sieht so der typische Alltag in deutschen Büros aus? Wohl kaum. – Foto: djd/thx

7. Stellen Sie eine geeignete Bilderauswahl zusammen

Wie oben schon erläutert, hat eine Geschichte meist mehrere Facetten. Dann ist es hilfreich, der Bildredaktion auch entsprechend unterschiedliche Motive zur Auswahl anzubieten. Wenn Sie beispielsweise das Thema „Altersvorsorge“ bebildern möchten, gibt es hierfür ganz unterschiedliche Ansatzpunkte: Angefangen bei „sorgenfreies Leben im Alter“, über „Altersarmut“ bis hin zu einer Infografik mit demografischen oder finanziellen Daten. Andererseits: Schütten Sie den Bildredakteur auch nicht mit beliebig wirkenden Printbildern zu. Nach dem Motto: „irgendetwas Passendes wird schon dabei sein“. Hier gilt: Qualität geht vor Quantität, d.h. im Zweifel lieber weniger, aber dafür geeignete Fotos.

8. Bieten Sie sowohl hoch- als auch querformatige Printbilder an

Heutzutage gibt es einen allgemeinen Angebotsüberschuss an querformatigen Fotos. Dies hängt mit dem immer höheren Stellenwert von Online-Content zusammen, wo überwiegend mit querformatigen Bildern gearbeitet wird. Die Anforderungen einer Zeitung sind jedoch anders. Hier werden durchaus auch hochformatige Bilder benötigt. Indem Sie dem Bildredakteur von vornherein quer- UND hochformatiges Bildmaterial anbieten, ermöglichen Sie ihm die volle Flexibilität bei der Blattgestaltung. Das erhöht Ihre Abdruck-Chancen.

9. Achten Sie darauf, dass Ihre Bilder wirklich zum Text passen

Wenn Ihr Artikel beispielsweise ein bestimmtes Tourismusgebiet portraitiert, sollte diese Gegend auch auf den Printbildern eindeutig zu erkennen sein. Printbilder von Fahrradfahrern auf einem x-beliebigen Feldweg hingegen wirken genau so: beliebig. Noch schlimmer ist es, wenn Ihr Bild regelrecht im Widerspruch zu Ihrem Text steht. So etwas kann schneller passieren, als man denkt. Z.B. bei Gesundheitsthemen: Während die Überschrift auf das drängende Problem hinweist (z.B. „Migräne: wenn der Tag zum Albtraum wird“), zeigt das Bild eine Situation, bei der das Problem offensichtlich bereits gut gelöst ist (z.B. eine strahlende Frau inmitten des Alltagstrubels). Eine unpassende Kombination aus Bild und Text ist für den Betrachter irritierend und kann bisweilen sogar unfreiwillig komisch sein. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer Text-Bild-Schere. Tipp: Falls sich der Bezug zwischen Bild und Text nicht sofort erschließt, lässt sich oftmals die Verbindung zwischen beiden Elementen durch eine entsprechende Überschrift herstellen.

10. Finger weg von Werbefotos

Bilder, bei denen Ihr Produkt ohne redaktionelle Notwendigkeit im Mittelpunkt steht, ggf. sogar nachträglich ins Bild hineinmontiert wird, sind ein absolutes No-Go. Zumindest bei Tageszeitungen oder Zeitschriften. Bilderprofi Daniel Biscan: „Das hat nichts mit einem redaktionellen Printbild zu tun. Und für Werbebilder muss der Kunde zahlen“.

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