Das Texten von Überschriften (neudeutsch „Headlines“) zählt für Journalist:innen zu den Königsdisziplinen des Schreibens. Denn die Überschrift ist für den Erstkontakt mit dem Leser und der Leserin zuständig und entscheidet maßgeblich und in Sekundenschnelle darüber, ob ein Artikel gelesen wird oder nicht. Hier können Sie also einiges falsch machen. Daher präsentieren wir Ihnen nachfolgend die Rangliste jener 5 Dinge, die in einer guten Überschrift nichts zu suchen haben.
1. überflüssige Substantive
Je technischer und abstrakter ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, desto eher sind die Verfasser:innen geneigt, die Überschrift mit überflüssigen Substantiven zu füllen. In der Überschrift landen dann Begriffe wie Renovierung, Einrichtung, Entspannung oder Vorbeugung, oft in Verbindung mit weiteren Substantiven, die dem Thema oder der Sache geschuldet sind. Lösen Sie an dieser Stelle, wann immer es möglich ist, lieber mit einem Verb auf. Renovieren, einrichten, entspannen und vorbeugen, liest sich immer eleganter und gestaltet Ihre Überschrift aktiver und auch attraktiver für Leser:innen und Redakteur:innen.
2. „Gänsefüßchen“
Ein Wortspiel oder einen Wortwitz in eine Überschrift zu setzen, ist immer eine schöne Idee. Oft erzeugt man damit ein gewisses Schmunzeln bei den Leser:innen. Das ist gut, denn über Emotionen wecken wir das Interesse des Publikums. Aber anscheinend sind Autor:innen bisweilen unsicher, ob dieser Witz auch verstanden wird. Und schon steht in der Überschrift ein Wort in „Gänsefüßchen“. Was soll das bedeuten? Möchte man die Pointe entschärfen, weil man den Witz doch nicht so gut findet? Oder möchte man – wie mit einem Warnsignal – für die geneigte Leserschaft hervorheben „Achtung, hier kommt ein humoristisches Wortspiel“?
Meine Empfehlung: Verzichten Sie auf dieses Hilfsmittel. Handelt es sich dabei nicht gerade um einen erklärungswürdigen Begriff oder eine bislang unbekannte Abkürzung, ist diese visuelle Verständnisprothese in der Überschrift bestenfalls überflüssig. Trauen Sie Ihren Leser:innen zu, dass Sie Ihr Wortspiel oder Ihren Wortwitz verstehen werden. Und selbst wenn sie zunächst darüber stolpern sollten: auch Irritation erzeugt Aufmerksamkeit.
3. Marken- oder Firmennamen
Ich weiß, die Versuchung ist groß, bereits in der Überschrift den Namen Ihrer Firma oder Ihres Produktes einzubauen. Schließlich wollen Sie etwas über sich erzählen, möchten die Welt über Ihre neue Dienstleistung oder das neue Produkt informieren. Im zweiten Absatz kommt die Info schließlich viel zu spät. Also am besten direkt mit der Tür ins Haus fallen und dabei auch gleich noch das gute Porzellan zerdeppern. Falsch! Sofern Ihr Produkt nicht nachweislich eine Marktrevolution ausgelöst oder Kultstatus erreicht hat (wie etwa das iPhone), wird weder der Leser noch die Journalistin Gefallen an Ihrem Text finden, sondern sich direkt von der Überschrift abschrecken lassen.
Sind Sie auf „earned media“, also die freiwillige Veröffentlichung Ihres Artikels durch Drittmedien, aus, nehmen Sie sich bewusst zurück. Denken Sie nicht an Ihr Produkt, sondern denken Sie an das Problem, das die Verbraucher:innen dadurch lösen können. Auch wenn Ihr Produkt ein essenzieller Bestandteil des Textes sein mag, müssen Sie den Leser:innen vorrangig ein Thema präsentieren, das sie aufgrund ihres Alltags unmittelbar betrifft. Erst danach lenken Sie sie auf Ihr Angebot.
4. Werbebotschaften
Ein Phänomen, das mir leider viel zu oft begegnet, ist der „Werbesprech“ in Texten, die von unseren Kund:innen überarbeitet wurden. Stand dort vorher eine themenbezogene, gut getextete Headline über dem Artikel, lese ich nach der Korrektur bisweilen als Überschrift „Nur für kurze Zeit bis zu 30 Prozent sparen“. Sie merken selbst: Wenn Sie sonst keinerlei weitere Informationen haben, wissen Sie adhoc überhaupt nicht, worum es eigentlich geht. Dahinter kann sich von der Hausratversicherung bis hin zum Sparversand für Klopapier jede Branche oder Dienstleistung verbergen. Sie adressieren den Leser und die Leserin weder mit Emotion noch mit Information. Sparen finden alle toll, aber ohne Bezug zum Thema erleiden Sie hier Schiffbruch.
Journalist:innen wie Leser:innen werden eher davon absehen, Ihren Text zu drucken oder zu lesen. Sie können das Ganze auflösen, indem Sie einen Verbraucherkontext schaffen: „Der Wechsel der Kfz-Versicherung lohnt sich“. So adressieren Sie eine Zielgruppe und öffnen ein Thema. Der Aspekt des Sparens ist dabei neutral impliziert. Rabattgeschrei überlassen Sie bitte den Werbeprospektbeilagen.
5. Allgemeinplätze oder Phrasen
Der Artikel steht, nur um eines haben Sie sich aber bislang erfolgreich gedrückt: Das Texten der Überschrift. Weil die Zeit drängt, Sie spontan keine Eingebung haben oder die kreativen Reserven einfach erschöpft sind, landet über dem Text die klangvolle Überschrift „Vor dem Urlaub ist nach dem Urlaub“. Eine Plattitüde, entlehnt aus dem Fußball-Jargon, umgetextet, um einen Artikel für online bestellbare Fotobücher zu betiteln. Einfallsloser geht es nicht. Das merken auch die Redaktionen und Leser:innen. Ihr Artikel, der durchaus lesenswert sein mag, bleibt liegen.
Mein Appell: Nehmen Sie sich die Zeit, den Text noch einmal zu lesen, die Quintessenz klar zu formulieren und zu überlegen, wie Sie Ihre Leser:innen hier am besten ansprechen können. Das kann sachlich geschehen, weil Sie beispielsweise ein Problem für sie gelöst haben, oder emotional, was sich in Verbindung mit Urlaub geradezu aufdrängt. Die schönere Überschrift wäre hier „Bleibende Urlaubserinnerungen schaffen“. Noch näher kommen Sie mit einer Überschrift nicht an die Leser:innen heran.