Warum ein guter Text den Küchenzuruf braucht

Kennen Sie das? Sie lesen einen Artikel aufmerksam durch, und dennoch fragen Sie sich am Ende: “Was wollte mir der Autor eigentlich mitteilen?” In solchen Fällen fehlt es dem Artikel am Küchenzuruf. Was das ist? Ein ganz wesentliches Merkmal für einen guten Verbrauchertext. Und somit ein wichtiger Baustein für Ihren Content-Marketing-Erfolg!

Als Content-Marketing-Dienstleister stehen wir täglich vor der Herausforderung, nutzwertige und wirksame redaktionelle Inhalte zu erstellen. Doch was genau macht eigentlich einen guten Text aus? Einige Gütekriterien haben wir im Rahmen dieses Blogs bereits vorgestellt: Eine starke Headline zum Beispiel. Oder einen originellen Aufhänger. Fügen wir dieser Sammlung ein weiteres Gütekriterium hinzu: den Küchenzuruf.

Die Geschichte hinter dem Küchenzuruf

Der ungewöhnliche Begriff geht Henri Nannen, den Gründer des STERN, zurück. Er lieferte auch folgende Anekdote zur Erläuterung des Küchenzurufs mit:

„Wenn am Donnerstag der Hans mit seiner Frau Grete am Arm zum Kiosk pilgert, dort 2 Mark 50 hinlegt und den neuen STERN käuflich erwirbt und sie beide dann mit dem STERN unter dem Arm wieder gemütlich nach Hause wandern; und Grete sich dann in die Küche verfügt, sich die Schürze umbindet, um sich für den Abwasch vorzubereiten; und der Hans nebenan im Esszimmer Platz nimmt, den neuen STERN aufschlägt und mit der Lektüre der ersten Geschichte im neuen STERN beginnt; und wenn der Hans dann nach beendigter Lektüre dieser Geschichte voller Empörung seiner Frau Grete durch die geöffnete Küchentür zuruft: ‘Mensch Grete, die in Bonn spinnen komplett! Die wollen schon wieder die Steuern erhöhen!’ – dann sind diese beiden knappen Sätze … der so genannte Küchenzuruf des journalistischen Textes.“

Der Küchenzuruf als Kernaussage eines Textes

Bitte lassen Sie sich nicht von den angestaubten Details dieser Geschichte irritieren. Sie entstammt einfach einer anderen Zeit. Das für Nannen Entscheidende gilt jedoch heute noch genauso wie damals: Jeder Sach- oder Fachtext braucht eine eindeutige Kernaussage. Eine Quintessenz, die sich in einem bis maximal drei knappen Sätzen zusammenfassen lässt.

Der Küchenzuruf ist übrigens keine deutsche Erfindung. In den USA beispielsweise hat sich hierfür der Begriff „Honey-Story“ etabliert. Gemeint ist damit der Artikel, den die Frau so interessant findet, dass sie ihrem Liebling zuruft: „Honey, hast du schon gelesen …?“ Und in der Werbebranche wird Ähnliches mit dem Begriff „Fensterbrüller“ umschrieben. Damit ist jener Satz gemeint, den der Werbekunde gern aus dem offenen Fenster brüllen würde, wenn sich davor eine tausendköpfige Menschenmasse versammelt hätte.

4 wichtige Funktionen des Küchenzurufs

Indem Sie als Kommunikationsverantwortliche dafür sorgen, dass Ihr Artikel einen knackigen Küchenzuruf enthält, schlagen Sie gleich vier Fliegen mit einer Klappe:

  1. Sie geben dem Leser Antwort auf die Frage, warum er Ihren Artikel überhaupt lesen soll. Ihr Küchenzuruf macht ihn also neugierig auf den weiteren Inhalt. Und diese Neugier ist essenziell, denn erfahrungsgemäß schenkt der Leser einem Text nur wenige Augenblicke Aufmerksamkeit. In dieser kurzen Zeitspanne trifft er die Entscheidung, ob er Ihren Artikel liest oder ob er weiterblättert.
  2. Was für den Leser gilt, lässt sich auch auf den Redakteur übertragen. Denn wenn Sie versuchen, Ihren Artikel über Fremdmedien (im Sinne von earned media) zu platzieren, müssen Sie zuallererst den dort zuständigen Redakteur überzeugen. Und auch für ihn gilt: die Zeit ist knapp, die Entscheidungsspannen kurz. Wenn der Redakteur erst lange suchen muss, um herauszufinden, was Sie mit Ihrem Artikel eigentlich sagen möchten, werden Sie kaum mit einer Veröffentlichung rechnen können.
  3. Ihr Küchenzuruf wirkt auch nach erfolgtem Lesen des Artikels. Bei einem gelungenen Küchenzuruf ist nämlich der Leser in der Lage, Ihre Kernbotschaft für sich zusammenzufassen. Damit bleibt sie nicht nur bei ihm nachhaltig im Kopf, sondern wird auch eher in den sozialen Medien geteilt.
  4. Der Küchenzuruf ist für Sie als Content-Verfasser von unmittelbarem Nutzen. Er definiert den roten Faden für Ihren Text. Das hilft Ihnen, sich nicht zu verzetteln. Oder anders ausgedrückt: Alle Inhalte, alle Fragen, die Sie in Ihrem Artikel beantworten, müssen einen direkten Bezug zum Küchenzuruf haben. Auch Über- und Zwischenüberschriften lassen sich so leichter entwickeln.

Aus dem oben Gesagten lässt sich auch der Umkehrschluss ziehen: Ein Text ohne Küchenzuruf hat kein klares Thema. In ihrem Standardwerk „Das neue Handbuch des Journalismus“ geben daher die renommierten Autoren Wolf Schneider und Paul-Josef Raue den eindringlichen Rat, ein Thema „entweder so lange durchzuwalken, bis ich den Zuruf habe, oder das Thema fallenzulassen.“

Selbst den an dieser Stelle oft hervorgebrachten Einwand, manche Themen seien zu komplex, lassen die beiden Autoren nicht gelten: “Wenn ein kompliziertes Thema keinen Küchenzuruf hergibt, deutet das darauf hin: Der Autor hat nicht intensiv genug um eine Zuspitzung seines Themas gerungen.”

5 Tipps für einen überzeugenden Küchenzuruf

Einen packenden Küchenzuruf zu formulieren, ist gar nicht immer so einfach. Wir haben Ihnen die aus unserer Sicht fünf wichtigsten Tipps zusammengestellt:

1. Legen Sie Ihren Küchenzuruf vor jedem Artikel fest!

Fragen Sie sich immer, bevor Sie mit dem Schreiben anfangen: „Was möchte ich dem Leser mitteilen? Worin liegt meine zentrale Botschaft?“ Formulieren Sie diese Botschaft in ein bis zwei Sätzen. Wenn Sie keinen solchen Küchenzuruf finden, sollten Sie das Thema noch einmal überdenken.

2. Konzentrieren Sie sich auf eine Kernaussage!

Was sich einfach liest, erweist sich in der Praxis oft als Herausforderung. Manche Themen haben nämlich mehrere interessante Aspekte. Fragen Sie sich in dieser Situation: „Was davon würde ich meinem Partner zurufen?“ Und genau daran (und nur daran) sollte sich Ihr Artikel ausrichten.

Es bringt Ihnen nichts, zu viele Informationen in einen Text zu packen. Dadurch laufen sich gleichrangige Botschaften nur den Rang ab. Falls Sie allerdings den Eindruck haben, dass Ihnen durch diese Fokussierung wichtige Aspekte „durch die Lappen“ gehen, müssen Sie gegebenenfalls Ihr Thema in mehrere Einzelartikel unterteilen.

3. Machen Sie den Praxistest!

Insbesondere, wenn Sie sich noch nicht sicher sind, einen tauglichen Küchenzuruf gefunden zu haben, probieren Sie ihn ganz konkret aus! Rufen Sie ihn Ihrem Partner im Nebenraum zu. Klingt das noch sehr sperrig oder unnatürlich, sollten Sie weiter an der Formulierung feilen.

4. Behalten Sie Ihren Küchenzuruf im Blick!

Lassen Sie Ihren einmal definierten Küchenzuruf nicht mehr aus den Augen. Zum Beispiel, indem Sie ihn auf einem Post-it-Zettel notiert an Ihren Monitor kleben. So gehen Sie sicher, dass Ihnen zwischendurch nicht der rote Faden verloren geht.

5. Platzieren Sie den Küchenzuruf prominent!

Am besten gleich zu Beginn Ihres Artikels, im Einleitungsteil. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass der Leser die Kernaussage des Artikels schon beim flüchtigen Anlesen begreift.